Die BULGARISCHE
ORTHODOXE KIRCHE in WEST- und MITTELEUROPA
in
Inner-Orthodoxer
und Inner-Christlicher Zusammenarbeit
„DIE
ORTHODOXE KIRCHE“ Eine Standortbestimmung an der Jahrtausendwende,
Verlag Otto Lembeck 1999, Frankfurt am Main, ISBN
3-87476-358-7
Aktualisierte Fortschreibung des Beitrags von cand.theol.
STEFAN GROSS
Protodiakon der Bulgarischen Orthodoxen Metropolie
von West- und Mitteleuropa
Bevor man über die Bulgarische Orthodoxe
Kirche in West- und Mitteleuropa sprechen kann, soll ihre historische Herkunft
und ihr heutiger Hintergrund kurz beleuchtet werden.
Die Geschichte des Christentums im heutigen bulgarischen Raum begann mit den
Missionsreisen des Hl. Apostels PAULUS.
Die städtische Bevölkerung Thrakiens und Mösiens und der Großteil der eingewanderten Slawen waren
bereits Christen als Fürst BORIS I. im
Jahre 865 für sich und sein gesamtes Volk das Christentum annahm und die
Schüler der Hll. KIRIL und METHODIJ unter der Führung
des Hl. KLIMENT und des Hl. NAUM mit der
Verbreitung der christlichen Kultur in der altbulgarisch-slawischen
Volkssprache und dem Aufbau einer eigenen Kirche innerhalb des jungen
Bulgarenreiches beauftragte.
870 wurde die bulgarische Kirche
zunächst als ein autonomes Erzbistum unter der Jurisdiktion des Patriarchats
von Konstantinopel in die östliche orthodoxe Kirchengemeinschaft aufgenommen.
893 fand das 1. Konzil des Volkes der Kirche in der
damaligen Hauptstadt Preslaw statt und legte in der
Kirchenordnung die altbulgarische Sprache der Hll.
KIRIL und METHOD als verbindliche Liturgiesprache fest.
927 in der Regierungszeit des Zaren
Simeon des Großen wurde die seit 919
bereits autokephale bulgarische Kirche als
Patriarchat anerkannt. In diesem "Goldenen Zeitalter" der
bulgarischen Kultur im 9. und 10. Jahrhundert, das von dem Gebet des großen
bulgarischen Mönchsvaters IOANN von
RILA (-946) begleitet wurde, entstanden
in den Klosterzentren um Preslaw und am Ochrid-See die Grundlagen der slawischen Literatur.
Tausende Mönche und Schriftgelehrte schufen jene Basis an kirchlichen Texten in
slawischer Sprache, die ab 988 die
Christianisierung des weiten russischen Raumes ermöglichte.
Die Entwicklung der Bulgarischen Orthodoxen Kirche im Mittelalter blieb eng mit
dem historischen Schicksal des bulgarischen Volkes und seines Staates
verbunden.
Nach einem
Niedergang während der Unterjochung durch Byzanz erlebte die bulgarische
weltliche und geistliche Kultur im 2.
Bulgarischen Reich unter den Zaren Ivan Assen und Ivan Alexander im 13. und
14. Jahrhundert mit zahlreichen kunstvollen Kirchenbauten und einem
regen hesychastischen Mönchsleben einen zweiten
Höhepunkt.
Das Lebenswerk des hervorragendsten Vertreters dieses
hochgebildeten Hesychasmus,
des Hl. Patriarchen EVTIMIJ,
stärkte die bulgarischen Christen ein letztes Mal bevor sie dann - ab dem Jahre 1393 -
für 500 Jahre ein doppeltes Joch
erdulden mußten.
Nach der Vernichtung des eigenen Staates durch den Sultan wurde die Kirche dem
Patriarchen von Konstantinopel unterstellt und damit auch die kirchliche
Unabhängigkeit zerstört.
Die nationale Wiedergeburt begann 1762
mit dem Buch "Istorija
Slavjanobolgarska" des
Hl. PAISIJ vom HILENDAR-Kloster. Die Rückbesinnung auf die Wurzeln der eigenen
christlichen slawischen Kultur bereitete den Boden für die Erringung der
Freiheit.
1870 erlangte die Bulgarische Orthodoxe Kirche mit der Genehmigung zur
Errichtung des "Bulgarischen Exarchats" durch ein Ferman des Sultans wieder ihre Eigenständigkeit.
Das Exarchat organisierte die pastorale Betreuung
in 18 Diözesen und 2.700 Pfarrgemeinden mit 3.300 Priestern, die Volksbildung in 3.000 Schulen mit 5.000 Lehrern
und die Fürsorge in 7 eigenen
Krankenhäusern.
1953 wurde auch das selbstständige
Bulgarische Patriarchat offiziell wieder hergestellt und auf dem 3. Konzil des Volkes der Kirche die Struktur
und Verwaltung der Bulgarischen Orthodoxen Kirche festgelegt. Zum Patriarchen wurde der Metropolit von Plovdiv KIRIL
gewählt.
Patriarch KIRIL und sein Nachfolger, der derzeitige Patriarch MAXIM sind von
allen orthodoxen Kirchen als Patriarchen anerkannt.
Nach ihrer Verfassung bestimmt sich die Bulgarische Orthodoxe Kirche vor allem
als
"... ein untrennbares Glied der
Einen, Heiligen, Katholischen (=Versammelten) und Apostolischen Kirche ".
83 % der
8,5 Mio. Bulgaren gehören der Bulgarischen Orthodoxen Kirche an, die heute
3.700 Gemeinden in 15 Diözesen (incl. 2 Auslandsdiözesen) umfaßt.
An der Spitze jeder Diözese steht ein Diözesanbischof vom Range eines
Metropoliten.
Alle Metropoliten bilden zusammen den
Hl. Synod,
dessen Vorsitzender der Patriarch ist.
Das höchste Entscheidungsorgan in den Fragen der Verwaltung der Kirche ist
das "Konzil des Volkes der
Kirche", das etwa zu gleichen Teilen aus gewählten Laien und Klerikern
besteht. In einer Versammlung ähnlicher
Zusammensetzung wird auch der Patriarch gewählt und von den Bischöfen
bestätigt. Auch der Metropolit als Hirte
der Ortskirche wird zu gleichen Teilen von gewählten Laien und Klerikern
vorgewählt und dann von den anderen Metropoliten des Hl. Synod bestätigt
und in sein Amt eingesetzt.
Auf Beschluß des
Hl. Synods wurde der Sitz des Metropoliten von
West- und Mitteleuropa im Jahre 1994
nach Berlin verlegt. Die Bulgarische
Diözese von West- und Mitteleuropa umfaßt 18 Gemeinden in Ungarn, Kroatien, Österreich,
Deutschland, Niederlande, Belgien, Frankreich, Spanien, Portugal, Italien,
England, Schweden und Norwegen.
Die rund 60.000 bulgarischen Gläubigen
in Deutschland werden unter der Leitung von Metropolit SIMEON von West- und
Mitteleuropa, der durch Vikar-Bischof TICHON unterstützt wird, durch 1 Archimandriten, 5 Priester und 3 Diakone in den Gemeinden von München, Berlin und Leipzig und Düsseldorf betreut.
Wenn man eine konkrete orthodoxe Kirchengemeinschaft beschreiben will, dann
findet man sie oft - symbolisch verdichtet - in ihrem Erzhirten reflektiert
wieder; im Bischof, der mit vollem Recht auch „Ikone“ seiner Kirche genannt
werden kann.
Mit Sicherheit gilt dies für den Erzhirten der Bulgarischen Orthodoxen Kirche
in Deutschland, Seine Eminenz, den Höchstgeweihten Metropoliten SIMEON von
West- und Mitteleuropa, dessen Lebensweg ihn besonders für sein heutiges Amt
vorbereitet hat. Geboren am 17. September 1926 in der Schwarzmeerstadt
VARNA, Absolvent des Geistlichen Seminars, am 6. Dezember 1954 Mönch, am 12.
Februar 1955 Mönchsdiakon und Angehöriger der Mönchsgemeinschaft des RILA-Klosters. Als
Kandidat der Theologischen Wissenschaft ging er 1957 nach MOSKAU und wurde
am 8. Oktober 1958 vom Moskauer
Patriarch ALEKSIJ I. zum Mönchspriester geweiht. 1959 kehrte er als Professor auf das
Geistliche Seminar nach Bulgarien zurück und wurde am 1. November 1961 Archimandrit. Am 22. Januar 1966 wurde er als Protosingel nach NEW YORK gesandt und am 14. Januar 1973
als Bischof von Glavnitsa, Vikarbischof der Metropolie New York und Administrator der Diözese von Akron zum Bischof geweiht.
Seit 1980 ist Seine Eminenz für die bulgarischen orthodoxen Gemeinden in
WESTEUROPA zuständig; zuerst als Vikarbischof des Patriarchen, seit 1986 als
Metropolit von Westeuropa mit Sitz in BUDAPEST und seit 1994 als Metropolit von
Mittel- und Westeuropa in BERLIN.
Alle, die Metropolit SIMEON näher kennenlernen,
können spüren, dass er sich nicht nur zufällig und nicht nur
"physisch" im Westen Europas aufhält, sondern dass er es als seine
Aufgabe sieht, eine zutiefst christliche Wahrheit in privaten ebenso wie in
offiziellen Begegnungen zu verbreiten, die vom „Vater der orthodoxen
ökumenischen Theologie“, dem bulgarischen Theologen Prof. Dr. Dr. Stefan ZANKOW
schon während seiner Vorlesungen im Berlin der Zwischenkriegszeit
folgendermaßen ausgedrückt wurde:
Der eigentliche Erkenntnisweg der Orthodoxie ist der innere,
der geistliche, sagen wir kurz der mystische (der „intuitive“) oder der Weg des
Herzens...
So
wie es der von Zankov zitierte Hl. EFRAIM, der Syrer,
formuliert hat:
„Der für jeden Verstand Unzugängliche
kehrt in unser Herz ein und wohnt in ihm;
Der auch den körperlosen Wesen des Himmels verborgen bleibt, findet sich im
Herzen.
Die Erde kann Seine Schritte nicht ertragen; das reine Herz trägt Ihn in sich.“
Oft
fasste der Höchstgeweihte Metropolit SIMEON unser Lebensziel als orthodoxe
Christen mit wenigen Sätzen so zusammen:
Gottes Sohn ist für uns Mensch geworden,
damit wir unsere wahre - von Gott geschaffene - Menschlichkeit wieder-erlangen können.
Ein Leben im christlichen Glauben muss also zur Vollendung der Menschlichkeit
hinführen.
Als Orthodoxe stehen wir in der direkten Tradition des ursprünglichen
Christentums und schöpfen aus der Fülle seiner unversiegenden Quellen.
Jede orthodoxe Nation hat in ihrem Umfeld und in ihrer spezifischen Geschichte
in den Heiligen des Landes zusätzlich noch spezielle Beispiele wahrer
Menschlichkeit vor Augen.
Daran sollen wir immer denken, wenn wir nationalen Fanatismus gegen den
gemeinsamen orthodoxen Glauben stellen wollen, wenn wir -geleitet durch separatistischen
Egoismus- in unserer Orthodoxie die
Begründungen für unchristliches Handeln finden wollen.
Unmenschliches kann niemals "christlich" sein !
Diese
aus ganzem Herzen kommende christliche Überzeugung überwindet alle
rationalistischen Grenzen der Sprache, der Lebensverhältnisse und des
Wirtschaftssystems und kann auch im europäischen Westen als spirituelle
Bereicherung anerkannt werden.
Daraus ergibt sich ganz natürlich unsere Haltung zu Zusammenarbeit und
Ökumene“.
Inner-orthodoxe Zusammenarbeit:
Für eine kleine
orthodoxe Kirche, wie die Bulgarische Orthodoxe Kirche, besonders bedeutsam ist
die inner-orthodoxe Zusammenarbeit.
Metropolit SIMEON, der positive Modelle dieser Art schon aus seiner 14-jährigen Tätigkeit in den USA und aus
Frankreich kannte, hatte seit er seinen Metropoliesitz
nach Berlin verlegte, immer appelliert, eine solche institutionalisierte
Zusammenarbeit auch in Deutschland zu beginnen.
Seine Appelle waren im Gleichklang mit den Intentionen anderer Bischöfe
und Ziel der unermüdlichen Arbeit des diesjährigen Jubilars Prof. Dr. Dr. Anastasios KALLIS.
Im Mai 1993 war es dann so weit und in der Evangelischen Akademie Tutzing
konnte eine zukunftsweisende Versammlung stattfinden. Auf Initiative des Akademieleiters Dr. Jürgen
MIKSCH trafen 7 orthodoxe Bischöfe
und 53 orthodoxe Geistliche und Laien
aus allen in Deutschland tätigen orthodoxen Kirchen (incl. der
altorientalischen Kirchen) mit Vertretern der Bundesregierung und der
Landesregierungen (8 Ministerialräte
waren gekommen !) und der Römisch-katholischen und der Evangelischen Kirche
Deutschlands zusammen. Alle Vertreter
der deutschen Institutionen machten den Orthodoxen in Deutschland Mut, ihre
sozialen, rechtlichen, finanziellen und medialen Angelegenheiten selbst in die
Hand zu nehmen. Einen Überblick über
Situation und Perspektiven der Orthodoxie in Deutschland brachte das
Einleitungsreferat von Prof. Dr. Dr. Anastasios
KALLIS, Münster:
In seinem zukunftsweisenden Vortrag zeigte er Gefahren und Chancen für die
Zukunft auf. Er begann mit der Analyse
der gegenwärtigen Situation in Deutschland, die nicht das Ergebnis einer ekklesiologischen Strategie sondern der Ausdruck der
pastoralen Sorge der orthodoxen Mutterkirchen um ihre in der Diaspora
verstreuten Gläubigen ist. Das Heil des
einzelnen Gläubigen und sein Bedürfnis nach Geborgenheit in der konkreten
eucharistischen Liebesgemeinschaft der Kirche haben in Deutschland zu dem real
existierenden Konglomerat von Gemeinden und Jurisdiktionen geführt. Dieses für Aussenstehende
eher verwirrende Bild kontrastiert drastisch mit der hier üblichen
„Kirchenordnung“, in der sich Deutsche so wohl fühlen. Auch die Kooperation des Staates ist
hierzulande starr vor allem auf die zwei
- fein säuberlich getrennten und in allen Details wohlorganisierten
- christlichen Großkirchen abgestimmt. Das führt dann oft dazu, dass sich die
Orthodoxen nach diversen „Minderheitenfeststellungen“ sehr schnell in die Ecke
der „wohltätig Betreuten“ gedrängt sehen.
Diese „Betreuungsmentalität“ vernichtet das „Ich“ des Betreuten; von ihm werden
nur mehr schuldige Dankbezeugungen erwartet.
Dabei fehlt den Betreuern meist jede Sachkenntnis um auf die kulturelle
und spirituelle Situation der Betreuten eingehen zu können. Befreiungstheologie wird bei Völkern ferner
Erdteile unterstützt, Ökumene gerne mit
fernen exotischen Kirchen praktiziert aber es mangelt an der Bereitschaft, die
hier lebenden „Fremden“ - unsere
„Nächsten“ - in ihren etwas anders
gewichteten Werten ernst zu nehmen. Diese
unbefriedigende Situation kann nur überwunden werden, wenn sich die rund 1 Million orthodoxen Christen emanzipiert für
ihre Belange selbst einsetzen. Im
durchorganisierten Deutschland muss das wohl oder übel auch seitens der
Orthodoxen in langfristig angelegten Organisationsformen geschehen.
Im Geiste des aufrüttelnden, vieldiskutierten Referates wurde dann die Gelegenheit
von Beamten, Bischöfen, Priestern, Diakonen und engagierten Laien genutzt
folgende Themen in Gesprächsgruppen im Detail zu erörtern:
- Orthodoxer Religionsunterricht an Schulen und universitäre Lehrerausbildung
- Theologische Weiterbildung und Stipendiatenprogramme
- Zusammenarbeit und rechtliche Strukturen der orthodoxen Kirchen
- Ökumenische Zusammenarbeit
- Sozialarbeit
Am Ende der Tagung stand fest, dass die regelmäßigen Treffen der orthodoxen
Bischöfe verstärkt werden müssten und ein all-orthodoxes Kooperationsgremium
für die langfristige konkrete Arbeit aufgebaut werden müsse, das dann auch die
orthodoxe Presse- und Medienarbeit sowie orthodoxe Großveranstaltungen
organisieren sollte.
Wenige Monate später war es wieder Prof. Dr. Dr. Anastasios
KALLIS der die Initiative ergriff und am
17. September 1993 alle orthodoxen Kirchen zur ersten von drei
Konsultationssitzungen einlud, in denen bis
1. Februar 1994 ein gemeinsames Statut für die „Kommission der
Orthodoxen Kirchen in Deutschland“ erarbeitet wurde. Von dem in der 1. Delegiertenkonferenz am 12. Mai 1994
für 4 Jahre gewählten Vorstand konnten
bereits innerhalb eines Jahres - nach 5
Vorstandssitzungen - zu folgenden
Punkten detaillierte Lösungsvorschläge vorgelegt werden:
- Orthodoxe universitäre Lehreinheiten in gemeinsamer Verantwortung aller
orthodoxen Kirchen
- Orthodoxer Religionsunterricht in gemeinsamer Verantwortung aller orthodoxen
Kirchen
(für diese beiden Vorlagen unter
Beratung durch RA FOERSTER von der evangel. Kirche)
- Gemeinsame Vertretung aller orthodoxen Kirchen in der ACK (mit detailliertem
Vorschlag der Vertretung aller orthodoxen Kirchen, unter Beratung durch Dr. Athanasios BASDEKIS vom ACK)
- Informationsdienst „Orthodoxie aktuell“ mit Zusammensetzungsvorschlag für das
Herausgeberteam unter namentlicher Nennung der Mitarbeiter aus den einzelnen
orthodoxen Kirchen.
Als für alle orthodoxen Kirchen repräsentative Veranstaltung wurde von 12. -
18.03.1995 eine „Woche der Orthodoxie“ in Düsseldorf veranstaltet mit
Vespergottesdienst in mehreren Sprachen, mit Göttlicher Liturgie gemeinsam
zelebriert von fast allen orthodoxen Bischöfen, einer Ausstellung und einer
Vortragsserie, deren Hauptvortrag Prof. Dr. Dr. KALLIS hielt. Ein Detail am Rande illustriert, wie sehr
auch die Vorstandssitzungen in dieser Zeit von diesem geprägt waren:
Eine Auswertung des durchschnittlichen Anteils an der Redezeit ergab:
- 42 % Vorsitzender Prof. Dr. Dr. KALLIS (Griechische orthodoxe Kirche)
- 32 % Geschäftsführer Hypodiakon NIKOLAUS Thon
(Russische orthodoxe Kirche, Moskau)
- 12 % Stellvertretender Vorsitzender Erzpriester JOVAN Maric
(Serbische orthodoxe Kirche)
- 9 % Schatzmeister Diözesanrat LEWIN
(Russische orthodoxe Auslandskirche)
- 5 % Stellvertretender Vorsitzender
Protodiakon STEFAN (Bulgarische orthodoxe Kirche)
Nach einigen traurigen Entwicklungen wie Verlust der gesamtorthodoxen Breite
durch Hinausdrängen aller altorientalischen Kirchen und der Orthodoxen Russischen
Auslandskirche, dem Verlust von demokratischer Konstitutionalität zugunsten von
manchmal charikaturhaft hervortretender Hierarchen- und Dyptichenhörigkeit, ist -
mit einer sehr eingeschränkten Zahl von Mitarbeitern - bis heute dennoch eine dauerhafte Verankerung
der Kommission in der deutschen Öffentlichkeit erreicht worden; und zwar vor
allem durch die Medienpräsenz von „Orthodoxie Aktuell“, die vorbildlich
informativ gestalteten Web-Site im Internet und eine TV-Liturgie in jedem Jahr
aus einer anderen orthodoxen Kirche.
Alle positiven Vorhaben der Kommission unter ihrem Vorsitzenden Prof. Dr. Dr.
KALLIS sind von Metropolit SIMEON nicht nur gesegnet sondern auch durch
Hirtenbriefe aktiv unterstützt worden; ebenso wie Prof. Dr. Dr. NIKOLAOU und
die Ausbildungseinrichtung „Orthodoxe Theologie“ an der
Ludwig-Maximilian-Universität München und die all-jährliche all-orthodoxe
Jugendfreizeit von Priester JOHANNES Nothhaas von der
Orthodoxen Fraternität in Deutschland.
Eine andere Gelegenheit in der die Bulgarische Orthodoxe Kirche die
inner-orthodoxe Zusammenarbeit durch ihre Präsenz in Deutschland fördern
konnte, waren die Begegnungen von Metropolit SIMEON mit den Deutschland
besuchenden obersten orthodoxen Kirchenvorstehern, dem Ökumenischen Patriarchen
BARTHOLOMAIOS, dem Russischen Patriarchen ALEXIJ, dem Patriarchen IGNATIOS von Antiochia, dem Koptischen Patriarchen SHENOUDA und dem
Armenischen Katholikos KAREKIN.
Besonders intensiv war die Zusammenarbeit mit der Griechischen Orthodoxen
Kirche, den beiden Russischen Orthodoxen Diözesen und der Serbischen Orthodoxen
Kirche, die ihre Kirchengebäude für gemeinsame Gemeindegottesdienste zur
Verfügung stellten, und anlässlich unserer Ausstellung zum Thema 1100 Jahre
Christentum in Bulgarien mit der Rumänischen Orthodoxen Kirche, deren
Metropolit SERAFIM 1998 auch als Ehrengast bei den bulgarischen Feiern zum Tag
der Heiligen KIRIL und METHODIJ in Ellwangen war, und wiederum mit der
Serbischen Orthodoxen Kirche deren Düsseldorfer Kirchenchor auch dank der
Unterstützung durch ihre Hoheit Prinzessin Ljiljana
KARADJORDJEVIC unsere gemeinsamen Gottesdienste veredelte.
Inner-christliche Zusammenarbeit
(Ökumene):
Die ganz
natürlich positive Einstellung zur inner-christlichen Zusammenarbeit
(Ökumene) - nicht als Gebot der
Höflichkeit sondern aus Überzeugung -
resultiert aus den reichen Erfahrungen von Metropolit SIMEON in mehr
als 30 Jahren seines Lebens unter den
Christen des Westens ebenso wie aus dem Erbe der Bulgarischen Orthodoxen
Kirche, der Kirche der Christen Bulgariens, denen 500 Jahre unter den Osmanen und 40 Jahre unter den Kommunisten der Kontakt
mit der westlichen Christenheit durch die jeweiligen Machthaber fast unmöglich
gemacht wurde. So trübten keine
negativen praktischen Erlebnisse mit der Praxis der westlichen Christenheit die
klare theologische Schau von Prof. Dr. Dr. ZANKOW als er in den 20-er Jahren
unseres Jahrhunderts in seinen Vorlesungen in Berlin klar formuliert hat:
Ist die Kirche wirklich Kirche, so ist
sie die Kirche Christi.
Und als solche - als Leib Christi - vereint sie sowohl alle unsichtbaren Glieder
(die Heiligen und Geretteten der bisherigen Menschheitsgeschichte), sowie alle
sichtbaren noch auf Erden lebenden Glieder (einschließlich der Sünder); denn
gerade durch die Kirche und in der Kirche haben alle Menschen, die ja alle auch
Sünder sind, den Weg offen, allmählich vollkommen und heilig zu werden.
Das schaffende Prinzip der Kirche - die
Liebe - schließt jeden Abgrund zwischen
Gerechten und Sündern aus.
Die Grundaufgabe der Kirche erfordert, die Irrenden und die Kranken zu suchen,
sie in sich aufzunehmen und aus ihnen ein heiliges Volk Gottes zu
schaffen. ...
Und so wie zur Kirche - als Leib Christi - individuelle Menschen gehören, ob
sie nun in einem bestimmten Zeitraum gesündigt oder gerecht gelebt haben, so
gehören zur Kirche auch Gruppen („Kirchen“), die alle während bestimmter
Zeiträumen auch irrend oder erkrankt
waren. ...
Alle, Heilige und Sünder, Aufgeklärte und Irrende, Gesunde und Kranke, gehören zur Kirche, in welcher sie durch die
Gnade Gottes und die Liebe der Gemeinschaft gesund und heilig werden
können.
Es sind eher aus Rücksicht auf eine klare pädagogische Leitlinie, Abgrenzungen in der Kirche gemacht worden,
die hauptsächlich zwei Kreise
ausmachen: einen inneren und einen
äußeren;
aber wie diese Grenzen nicht absolut sind, so ist auch die Teilung nach ihnen
nicht absolut;
die Scheidewände zwischen ihnen gehen nicht bis zum Himmel, bis zu Christus,
dem Haupt hinauf und nicht bis ins Herz, den Heiligen Geist hinein. ...
Beten wir also „um den Frieden der ganzen Welt, um den Wohlbestand der heiligen
Kirchen Gottes und um die Einigung ihrer aller“ und „Lasset uns einander lieb
haben, damit wir in Einmütigkeit Gott bekennen ...“ in jeder unserer orthodoxen Göttlichen
Liturgie in Demut und Liebe.
Trotz dieser uneingeschränkt positiven Einstellung und dem guten Willen zur
praktischen Umsetzung stößt die Integration in die deutsche ökumenische
Landschaft immer wieder auf unerwartete Probleme.
Eine Mitarbeit der Bulgarischen Orthodoxen Kirche in der ACK in
Nordrhein-Westfalen wurde rundweg abgelehnt, weil die orthodoxen Bulgaren in
NRW keine geschlossene Kirchengemeinde bilden.
Dabei ist die Seelsorge für die vereinzelt lebenden Angehörigen eines
kleinen orthodoxen Volkes in besonderem Maße auf die Zusammenarbeit in einer
„Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen“ angewiesen.
In Berlin, wo es seit langem eine verfasste bulgarische Gemeinde gibt, wurde
der Antrag auf Aufnahme in den Ökumenischen Rat Berlin - Brandenburg (ÖRBB)
mehrere Jahre verzögert, weil einige Freikirchen ein Junktim mit der
Überwindung ihrer Schwierigkeiten in der „Bulgarien-Mission“ herstellten. Dank der demütigen Offenheit unseres
Metropoliten konnten die Schwierigkeiten durch menschliche Begegnung ausgeräumt
werden. Im Rahmen des ÖRBB konnte am
20.1.98 über Probleme im Verhältnis Freikirchen – Orthodoxie in Bulgarien
gesprochen werden.
Unter der Moderation von Geschätsführer Dr. LÜTZ vom
ÖRBB sprachen Metropolit SIMEON
(Erzhirte der Bulgarischen Diözese von West- und Mitteleuropa, Sitz Berlin),
Diözesan-Protodiakon STEFAN Gross und
der Berliner Pfarrer LJUBOMIR Leontinow mit
Superintendent MICHALSKI (Evangel.-Method.
Kirche), Pastor DIPPL (Charismat. Gemeinde CZB)
und Pastor WEYEL (Freie Evangel.Gemeinde Berlin-Moabit).
Nach einer Einleitung von Superintendent Michalski als Vorsitzender des Ökumen. Arbeitskreises der Freikirchen mit Berichten aus
internationalen Konferenzen von Klagen über Schwierigkeiten in orthodoxen
Ländern berichteten Pastor Weyel und Pastor Dippl über konkrete Erfahrungen.
Zunächst ging es um ein von Freikirchen in den Rhodopen
geplantes internationales Begegnungs- und Missionszentrum, das nach Einspruch
eines orthododoxen Pfarrers von den Behörden keine
Baugenehmigung mehr bekam.
Die bulgarische Seite konnte zur Erhellung des Umfelds solcher
Behördenentscheidungen beitragen:
Normalerweise haben Politiker und Verwaltungsbeamte in Bulgarien wesentlich
mehr Verständnis für Investitionen aus dem Westen als für die Anliegen der
Orthodoxen Kirche. Politischer Druck
wird nicht gegen Kirchen aus dem umworbenen Westen, sondern zur Einflußnahme in der eigenen orthodoxen Kirche
ausgeübt. Im konkreten Fall komme dazu, daß das Zentrum in einem Bezirk errichtet werden sollte,
der mehrheitlich von Muslimen bewohnt wird.
Angesichts von Islamisierungsmissionen radikaler Auslands-Muslime sollte
kein Anlass zur Radikalisierung geliefert werden. Nur der ruhigen Lage in
Bulgarien sei es zu verdanken, dass seit der Wende zehntausende in den vorigen
Jahrhunderten zwangs-islamisierter Bulgaren durch
vorsichtige Mission von orthodoxen Geistlichen wieder zu Christen getauft
werden konnten.
Dann wurde von
Steinwürfen auf eine freikirchliche Gebetsversammlung in Zentralbulgarien
berichtet.
„Gewaltanwendung solcher Art entfernt den
Gewalttäter von Christus und kann deshalb niemals im Sinne einer wahrhaft
christlichen Kirche sein !“, betonte dazu
Metropolit Simeon.
Nachdem die Steinewerfer zunächst vom orthodoxen Dorfpfarrer unterstützt worden
waren, führte eine Beschwerde beim orthodoxen Metropoliten der Diözese zum
Erfolg.
Seit einem Jahr hat es in dieser Gegend keine Gewalt gegen Freikirchen mehr
gegeben.
Ein gutes Beispiel, wie Verständis entwickelt werden
kann, beschrieb Pastor Dippl:
Ein sehr orthodoxie-kritischer freikirchlicher Missionar, der zum ersten Mal
aus den USA nach Bulgarien gekommen war, besuchte mit Pastor Dippl den Abendgottesdienst in der orthodoxen Hl.Alexander-Nevski-Kathedrale in Sofia.
Nach 3 Std. Chorgesang und Schriftlesung war er tief bewegt und
konnte nur zustimmend feststellen:
„Dieser orthodoxe Gottesdienst war der Braut Christi würdig. Auch hier in
Bulgarien gibt es schon Kirche Christi.“
Das Ergebnis auch dieser Begegnung bestätigt die Grundhaltung des Metropoliten:
“Ökumenische
Kontakte eröffnen die Chance solcher Begegnungen im Lobpreis Christi.
Konfrontation aber führt zur fast immer zur Eskalation satanischer Gewalt !“
Um dieses zu Verhindern, vereinbarten
die Gesprächsteilnehmer, engen Kontakt zu halten, sich gegenseitig zu
informieren, und in den eigenen Kirchen Verständnis zu fördern, und auch in
Zukunft jede Gewaltanwendung gemeinsam zu verurteilen.
Wenn man so auf die Einheit der Christen hofft wie Metropolit SIMEON, so
schmerzen viele Einzelheiten besonders.
Vor allem dann, wenn die westliche Christenheit damit zeigt, daß ihr die Erhaltung der Gemeinsamkeit nicht viel
bedeutet; wenn Schwestern und Brüder aus christlichen Gruppen mit denen wir
Orthodoxe jahrzehntelang am gemeinsamen Tisch des Weltkirchenrates zusammensassen trotzdem kein Gefühl dafür bekommen haben,
wie brutal es ist, jene, die nach den Gemeinsamkeiten in der Tradition suchen,
immer wieder mit neuen spaltenden Inventionen zu
konfrontieren.
Um mit Franz Kardinal KÖNIG zu sprechen: Christen sollten „mehr
Herzenstakt im Umgang miteinander“ entwickeln.
Stattdessen fand z.B. der Eröffnungsgottesdienst der 2. Europäischen Ökumenischen Versammlung in
Graz in Abwesenheit des Kreuzes statt, keine Ikonen bildeten optische Anker für
die Seele, sondern Tafeln mit wirren Strichen an den Hausfassaden und Striche
und Punkte als Versammlungssymbole veranschaulichten den derzeitigen ver(w)irrten Zustand der „Berufsökumeniker“.
Nur weil man im Westen blind geworden ist für das Skandalon
der eigenen Aufsplitterung, kann man die im Osten in vielen Ländern bewahrte
Einheit der Christen eines Ortes nicht als konsequenteste Beachtung des
Liebesgebots Christi respektieren, sondern sieht ähnlich der Einführung der
Marktwirtschaft jetzt auch den Konkurrenzkampf der Christen untereinander (um
höhere „Marktanteile“ etwa ?) als normal
an.
Erwartet man von den orthodoxen Volkskirchen ernsthaft, dass sie sich dem
westlichen Zeitgeist zuliebe, mit Begeisterung zerschlagen lassen, um danach
unter den Trümmerkirchen "ökumenischen Nachholbedarf" zu praktizieren ?
Wie muss es auf den Bischof der Mutterkirche eines kleinen Volkes, das über
Jahrhunderte durch Fremdherrscher entrechtet war (und jetzt schon wieder
ökonomisch entrechtet wird) wirken, wenn man im übermächtigen Westen darauf
besteht, ihm stolz die Erfolge westlichen Proselytismus
vorzuführen, indem man einen jungen bulgarischen Methodisten auswählt, um
seinem ehemaligen Bischof das Evangelium vorzulesen.
In Sofia hat die Häufung von Erlebnissen dieser Art die Bulgarische Orthodoxe
Kirche dazu bewogen die Notbremse zu ziehen und ein Signal zu setzen:
Während die vom westlichen Luxus träumenden Politiker sich für die eigene „östlich“-orthodoxe Kirche schämen und sie nicht anerkennen,
wurden Dutzende Religionsgemeinschaften aus dem Westen bereitwillig
registriert, die vorher noch nie in Bulgarien bekannt waren.
Vergleichende Werbung - wie sie sogar in
der westlichen Konsumgüterwirtschaft nicht gerne gesehen wird - ist aggressiv gegen die Bulgarische Orthodoxe
Kirche gerichtet.
Westliche Kirchen statten ihre Sendboten mit opulenten „Missionsbudgets“ aus,
die mehr als 10-mal so hoch sind, wie
die spärlichen Mittel, die die bulgarische orthodoxe Kirche als Volkskirche für
die seelsorgerische Betreuung von über
90 % des christlichen Volkes einsetzen kann.
Leider geht es nicht mehr um die - vor
1990 jahrzehntelang und mit den traditionellen Kirchen bis heute - in Bulgarien vorbildlich gepflegte
ökumenische Toleranz gegenüber bestehenden Minderheiten, sondern darum, dem
Westen unbestritten das Recht einzuräumen, neue Minderheiten mit viel Geld und
Propaganda aus der Mehrheitskirche heraus zu brechen.
In diesem Zusammenhang beklagte die Bulgarische Orthodoxe Kirche, dass der
Weltkirchenrat, in dem die orthodoxen Kirchen seit einem halben Jahrhundert die
Kirchen der Reformation als Gesprächspartner und Brüder in Christus respektiert
haben, sich den hohen Zielen, für die er ursprünglich gegründet worden war,
nicht gewachsen zeigte.
Von einem Forum der Annäherung ist er zu einem Forum der Konfrontation
geworden.
Der Geist der Annäherung aller Christen zum Heil für die Welt, welcher die
bulgarischen Theologen und Bischöfe beseelte, als sie die Gründung des
Weltkirchenrates vorbereiteten, ist von dieser Institution derzeit nicht zu
erwarten.
Deshalb hat auch der Hl. Synod der Bulgarischen
Orthodoxen Kirche die schwere Entscheidung getroffen, diese Institution zu
verlassen.
Trotz der angesprochenen Probleme ist die überwältigende Mehrheit der
Geistlichen und Laienvertreter in der Bulgarischen Diözese von West- und
Mitteleuropa nicht davon überzeugt, dass diese Entscheidung richtig war.
Auf keinen Fall will man den Austritt aus dieser einen Organisation, deren
Mitglied die Römisch-katholische Kirche übrigens nie war, als Absage an die
engagierte Mitarbeit werten, in die die Gemeinden der Bulgarischen Orthodoxen
Kirche unserer Diözese fast überall integriert sind.
In diesem Sinne entschied auch die Diözesanversammlung 1998 der Bulgarischen
Diözese von West- und Mitteleuropa, wie es im Protokoll heißt:
„Die
Delegierten erklärten ihre Verwunderung über den Beschluss des Hl.Synods betreffend
den Austritt aus dem Weltkirchenrat.
Gemeinsam mit S.E., dem Metropoliten, äußerten sie ihre Entschlossenheit nach wie
vor in Frieden, Liebe und Dialog mit allen christlichen Kirchen zusammenleben
zu wollen.
Es wurde beschlossen, dass Metropolit SIMEON vor dem Hl.Synod
in Sofia die Rücknahme des Austrittsbeschlusses betreiben solle.“
Die Bemühungen direkte Gespräche in Sofia zur Aussprache über aufgetretene Missstände
zu vermitteln wurden von Seiten der Bulgarischen Metropolie
von West- und Mitteleuropa intensiviert.
Durch persönliche Organisationsarbeit und Vermittlung des Metropoliten als
Mitglied des Hl. Synods konnte im Herbst 1998 eine
Delegation der EKD unter Außenamtsleiter Bischof KOPPE während eines
Kurzbesuchs in Sofia nicht nur die Theologische Fakultät, das Geistliche
Seminar und vorbildliche Gemeindearbeitsprojekte besuchen, sondern auch ein
direktes Gespräch mit Patriarch MAKSIM und Mitgliedern des Hl. Synods führen.
Begleitend zu den Kontakten auf höchster Ebene liegen der Metropolie
der Bulgarischen Orthodoxen Kirche in Deutschland vor allem die
zwischenmenschlichen Kontakte an der Basis, zwischen Christen in Ost und West
am Herzen.
So können immer wieder Gruppen von Studenten und aus Pfarrgemeinden der beiden
großen Kirchen in Deutschland in der Vorbereitung von Studienreisen nach
Bulgarien unterstützt werden.
Auf hohes Interesse des breiten Publikums in Deutschland stieß in den letzten
Jahren auch die Ausstellungsserie „1100 Jahre Christentum in Bulgarien“, die
von der Bulgarischen Metropolie in Deutschland in der
inhaltlichen Gestaltung und durch Begleitveranstaltungen unterstützt wurde.
Zusätzlich musste sich all diese Arbeit vor dem Hintergrund der
krisenhaften Entwicklung der Kirche in Bulgarien bewähren. Dass die Bulgarische Diözese von West- und
Mitteleuropa von Spaltung und Streit bewahrt werden konnte, ist vor allem der
ausgleichenden Haltung von Metropolit SIMEON zu verdanken, der es verstand,
gute Kontakte zu allen Streitparteien in Bulgarien zu halten, und so fast als
einziger Metropolit von allen Gruppen anerkannt zu werden.
Trotzdem sollen diese unerfreulichen innerkirchlichen Wirren in der
Heimatkirche an dieser Stelle nicht mit Schweigen übergangen werden.
Die Bulgarische Orthodoxe Kirche ist als Volkskirche, die im Untergrund
entstand und die meiste Zeit ihrer Existenz im Untergrund wirken musste, den
Einflüssen von allen Veränderungen in der politischen Landschaft besonders
ausgesetzt.
Der Durchschnitts-Bulgare erwartet als Selbstverständlichkeit in kirchlichen
Organen ebenso viel bestimmen zu können wie im politischen Leben. So wurde gleich nach der politischen Wende
gefordert, dass der Patriarch ebenso abzutreten habe, wie der Führer der
kommunistischen Partei. Ein bemerkenwertes Argument zur Begründung dieser Forderung war
übrigens die immer wieder behauptete Analogie zwischen dem „Verrat bulgarischer
Interessen“ durch Patriarch MAKSIM wegen der Unterstützung des Weltkirchenrates
und dem von der Staatsführung finanzierten Engagement des bulgarischen Staates
in der Kommunistischen Internationale.
Respekt vor ewigen kirchlichen Weihen war in dieser Wendezeit mit ihren
naiven basisdemokratischen Träumen zu viel verlangt. Außerdem bekamen die erstarkenden politischen
Parteien sehr schnell Geschmack an jeweils zu ihrer Parteilinie loyalen
Repräsentanten der Kirche. So entstand
bald nach der Wende ein „Verwaltungs-Schisma“ genanntes Chaos, indem mehrere
„Hl. Synoden“, mehrere „Patriarchen“ oder „Erzbischöfe“ behaupteten im Namen
der Bulgarischen Orthodoxen Kirche zu sprechen.
Diese Spaltung ging zwar nie über die Spitzenmänner und ihre Paladine
hinaus, schädigte aber indirekt doch ganz empfindlich auch das religiöse
Alltagsleben in den Pfarren, weil so den Politikern der Vorwand dafür geliefert
wurde, jegliche Zahlungen an Kirchenkassen und Geistliche einzustellen. Da die Pfarren in Bulgarien seit der
Konfiskation ihrer wirtschaftlichen Basis durch die Kommunisten von diesen
staatlichen Zuschüssen leben mussten, brach bald große Not unter den
Pfarrgeistlichen und ihren Familien aus.
Dies gab dann wiederum den Parteien die Gelegenheit, ihren Einfluss zu
verstärken, indem sie nur die Pfarren und Klöster ihrer Klientel einigermaßen
finanziell versorgten. Gleichzeitig
ermöglichte die Verweigerung der Anerkennung der patriarchentreuen Kirche durch
den Staat, den nach dem 2. Weltkrieg von den Kommunisten konfiszierten
Kirchenbesitz ungeniert weiterhin zu behalten.
Die Schwierigkeiten, die der Staat der traditionellen Kirchenverwaltung unter
Patriarch MAKSIM machte, wurden ideel wieder
ausgeglichen durch die Festigkeit mit der ihr alle orthodoxen Schwesterkirchen
die Treue hielten.
1998 kam es dann sogar auf Einladung durch Seine Allheiligkeit,
den Ökumenischen Patriarchen BARTHOLOMÄOS zu einer all-orthodoxen Versammlung
der Patriarchen und Kirchenvorsteher fast aller orthodoxen Kirchen in der
HL.ALEXANDER-NEVSKI-KATHEDRALE von Sofia, die die Anerkennung von Patriarch
MAXIM und des traditionellen Hl. Synods seitens der
orthodoxen Welt endgültig außer Zweifel stellte. Die meisten abgespaltenen Bischöfe wechselten
inzwischen die Seite und tauschten ihre kirchliche Isolation an der Seite der
politischen Parteien gegen die dringend benötigten Funktionen in der einzigen
von den anderen kanonischen Kirchen anerkannten orthodoxen Kirche Bulgariens.
In einer pluralen Gesellschaft nach westlichem
Vorbild, die in Bulgarien inzwischen zur Selbstverständlichkeit geworden ist,
wird man aber lernen müssen, auch damit zu leben, dass es auch Geistliche der
orthodoxen Kirche geben kann, die ihren eigenen Weg außerhalb der kanonischen
Kirche gehen. Erfreulicherweise
verstärkt sich aber der Eindruck, als hätte auch die Politik inzwischen
gelernt, dass es sich langfristig nicht lohnt, diese immer wieder ausscherenden
Außenseiter staatlich besonders zu legitimieren.
Wenn die bulgarische Diözese von West- und Mitteleuropa als Ganzes vom
„Verwaltungs-Schisma“ verschont blieb, so heißt dies leider nicht, dass hier
alles ohne Auswirkungen geblieben ist.
Dank des friedliebenden Naturells der beiden beteiligten Persönlichkeiten
konnte der einmalige Versuch eines „Gegen-Synods“ in
Wien einen Metropoliten zu installieren letztlich abgewehrt werden.
Metropolit SIMEON zeigte seine unbeirrbar christliche Persönlichkeit indem er
trotz aller Kritik - auch aus seinem
eigenen Klerus - die Beziehungen zu dem
von der Gegenseite für dieses Amt benannten ehemaligen Archimandriten
der Russischen Orthodoxen Kirche nie abreißen ließ. Unsere Diözese hat letztlich in dem in das
Bulgarische Patriarchat zurückgekehrten Bischof AVENIR einen von den Gläubigen
respektierten Bischof und einen von vielen Orthodoxen aller Jurisdiktionen in
Wien dringend benötigten Geistlichen Vater gewonnen.
Schlimmer und fast das Ende der Diözese war das plötzliche Ausbleiben der
finanziellen Unterstützung für den Bischof, die Geistlichen und ihre
Familien. Dank Gottes Hilfe konnten nach
einer anfänglichen Zeit der tödlichen Lähmung die meisten Geistlichen oder
jemand aus deren Familie eine bezahlte Brotarbeit und/oder die kirchliche Tätigkeit
die Unterstützung örtlicher Großkirchen finden und vermehrt auch die
Pfarrgemeindemitglieder zu verstärkten Beiträgen motiviert werden.
Am Beispiel der ältesten bulgarischen Pfarrgemeinde Deutschlands in München
kann dies illustriert und die für Deutschland typischen zusätzlichen Randbedingungen
aufgezeigt werden. 1991 musste der
langjährige Pfarrer der Münchner Gemeinde, Vater PETER Tomov
nach Bulgarien zurückgehen, da die Unterstützung aus Sofia schon lange Zeit
ausgeblieben war und er seine Familie bei westlichen Lebenshaltungskosten nicht
mehr ernähren konnte. Der erste Ausweg,
den man suchte, scheiterte daran dass er der bulgarischen Tradition
widersprach. In der Bulgarischen
Orthodoxen Kirche ist es traditionelle Praxis, daß
Pfarrgemeinden nur durch verheiratete Pfarrer betreut werden. Als man auf den Ausweg verfiel, der
Lebensunterhalt für einen Mönch müsse leichter aufzubringen sein, waren weder
der Geistliche noch die Gemeindemitglieder darauf vorbereitet. Kirchengemeinden fern der Heimat sind noch
intensiver auf heimatliche Klischees fixiert und einen in einer Münchner
Kleinwohnung lebenden Mönch konnte sich keiner vorstellen. Archimandrit
SOFRONI wiederum strebte dem Vorbild der heimatlosen Mönche nach, reiste viel
umher und fühlte sich in westlichen Klöstern wohler als bei seiner
Gemeinde. Also musste man wieder einen
verheirateten Priester finden; um Kosten zu sparen möglichst ohne Kinder, und
mit der zusätzlichen Anforderung, die deutsche Sprache in Wort und Schrift sehr
gut zu beherrschen, um möglichst etwas dazuverdienen zu können. Dies erregte offenbar den Argwohn der
deutschen Visabehörden in Sofia und so erhielt Vater
GEORGI Schumov über ein Jahr lang kein Visum für
Deutschland. Erst eine Intervention
durch Bundestagspräsidentin Rita SÜßMUTH, die den bitteren Klagen von
Metropolit SIMEON viel Verständnis und Engagement entgegenbrachte, konnte das
Eis brechen. Inzwischen hatte man aber
die Wohnung des Priesters in München verloren, alle Unterstützungen für das
Gemeindeleben waren wegen Inaktivität eingestellt und alles musste neu
aufgebaut werden. Man begann sich
genauer danach zu erkundigen, wie es ukrainische, russische und rumänische
Priester seit Jahrzehnten anstellten, mitsamt ihren Familien sorgenfrei in
Deutschland leben zu können. Dabei stieß
man auf die Ökumenische Kommission zur Unterstützung Orthodoxer Priester,
die - gespeist durch Beiträge des
Bundes, der Länder und der großen christlichen Kirchen - den Lebensunterhalt der "Flüchtlingspriester"
finanzierte. In der Gründungszeit dieser
Kommission hatten es die bulgarischen Offiziellen abgelehnt, bulgarische
Geistliche von deutscher Seite unterstützen zu lassen. Jetzt waren die Zeiten anders und solchen
Stolz konnte man sich offenbar nicht mehr leisten. Leider waren inzwischen aber auch die
Geldmittel der Kommission derart gesunken, dass an die vollen
Unterstützungssätze, wie sie die Geistlichen der anderen Kirchen lange Jahre
bekommen hatten, für ein neues Mitglied nicht mehr zu denken war. Nach anfänglich nur symbolischer
Unterstützung konnte dann eine Erhöhung erreicht werden, so daß
heute ca. 30 % der Lebenshaltungskosten
des Münchner Pfarrers aus dieser Quelle stammen. Weitere
30 % kann die Münchner Kirchengemeinde aus eigenen Kräften aufbringen
und etwas mehr als ein Drittel muß jährlich neu durch
Spenden gedeckt werden, die auch wieder vor allem von den beiden Großkirchen
kommen. Dabei wurde festgestellt, dass
dies auch für die großen deutschen Kirchen ein effizienter Einsatz ihrer Mittel
ist, da keine andere Kirche in Deutschland ihre Geistlichen mit derart geringen
Lebenshaltungskosten arbeiten lassen könnte.
In Bulgarien jedoch hätten mehr als
10 dringend benötigte Pfarrer die
Möglichkeit mit dem Gehalt zu überleben, welches in Deutschland 1 Priester als Minimum benötigt. Das illustriert das finanzielle Dilemma für
die Bulgarische Orthodoxe Kirche.
Eine Lösung können „nebenberufliche“ Priester sein, die ihren Lebensunterhalt
in Deutschland schon durch einen soliden Brotberuf verdienen. Glücklicherweise haben seit vielen Jahren
einige Absolventen der geistlichen Seminarien aus Bulgarien ihren Weg nach
Deutschland gefunden und konnten sich vor allem in der ehemaligen DDR eine
Existenz aufbauen.
So konnte wenigstens ansatzweise versucht werden, eine Seelsorge für die
Bulgaren im Osten Deutschlands aufzubauen.
Das Bedürfnis der Jahrzehnte geistlich ausgehungerten gebürtigen Bulgaren und
ihrer Familien in den neuen Bundesländern nach einem traditionell bulgarischen
christlichen Gemeindeleben ist aber so groß, dass bisher erst weniger als die
Hälfte der Ansuchenden direkt betreut werden können. Immerhin konnten neben den beiden westlichen
Kirchengemeinden in München und Stuttgart, neue Kirchengemeinden für Berlin und
Umgebung und Leipzig und Umgebung für die im Einzugsbereich lebenden ca. 15.000 Bulgaren gegründet werden.
Lücken bei Bitten um Taufen, Eheschließungen und Beerdigungen für noch nicht in
Gemeinden erfasste Gläubige können durch einen reisenden Archimandriten
und oft auch durch den persönlichen Einsatz, des Metropoliten einigermaßen
geschlossen werden.
Den bis an die Grenzen der Erschöpfung gehenden Einsatz der von unseren
Geistlichen oftmals verlangt wird, können diese nur erbringen, weil sie wissen,
wie groß der Nachholbedarf nach kirchlichem Leben ist.
Eine Motivation worum sie von manch Anderen besser Besoldeten beneidet
werden.
Dank zweistelliger Zuwachsraten bei den in ihren Kirchengemeinden engagiert
mitarbeitenden Gläubigen kann die Bulgarische Orthodoxe Kirche in Deutschland
in Dankbarkeit den Dreieinigen Gott preisen, dass sie neben ihrer verbindenden
Mitarbeit in inner-orthodoxen und inner-christlichen Gremien in der Zukunft
noch stärker ihre unersetzliche Aufgabe in der Seelsorge an den Menschen finden
wird, die in einer immer oberflächlicher werdenden Gesellschaft die ewige
Frohbotschaft des ursprünglichen Christentums suchen.
EHRE SEI GOTT !